Ein Sportgeschäftsinhaber und zwei Fußballerinnen bringen ein neues Mode-Label auf den Markt
Eging am See. Fußball, Tennis, Tischtennis, Laufen – Josef Sterner (40) aus Aicha vorm Wald hat schon immer gerne Sport getrieben. 15 Jahre war er Fußball-Trainer und Jugendleiter beim SV Aicha, 2011 machte er seine Leidenschaft zum Beruf und übernahm das Sportgeschäft Pongratz in Eging am See. Den Firmennamen Pongratz hat er behalten, doch er fügte ihm den Ausdruck „by Angel“ hinzu. „Weil ich lange blonde Haare hatte und immer so brav war, ist Angel seit meiner Jugend mein Spitzname“, erzählt Josef „Angel“ Sterner, der mittlerweile einen Kurzhaarschnitt trägt. Erst hatte er Lehramt studieren wollen nach dem Abitur, dann entschied er sich doch für eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Er hängte den Handelsfachwirt dran und eröffnete mit 33 Jahren seinen eigenen Laden. „Seit dieser Zeit beobachte ich, wie nachlässig die Branche den Frauenfußball behandelt“, sagt Sterner. Warum, verstehe er nicht. Jedes Jahr gebe es mehr fußballspielende Mädchen. Das Bild der burschikosen Fußballballerin sei veraltet, der Frauenfußball sei mittlerweile sehr reizvoll.
Diese positive Entwicklung wollte Sterner in der Region stärker sichtbar zu machen, am besten während der Fußball-WM der Frauen in Kanada 2015, wenn die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ohnehin schon da ist. Es fügte sich, dass im selben Jahr der FC Ruderting das zehnjährige Bestehen seiner Damenabteilung feierte – und eine Idee war geboren: Zusammen mit FC-Abteilungsleiterin Johanna Maier (28) stellte Sterner ein regionales Fußballturnier in Ruderting auf die Beine und nannte es „Soccergirl“. „Dieser Name hat Potenzial“, dachte sich Sterner und ließ den Namen sowie den dazu entworfenen Schriftzug sicherheitshalber als Wort-Bild-Marke eintragen. Für Events – und vorausschauend auch für eine Freizeitmode-Kollektion.
„Das hat so richtig Spaß gemacht. Aber einen gewissen Ehrgeiz und Durchhaltevermögen braucht man schon, um alles durchzuziehen.“Josef Sterner
Das erste Soccergirl-Turnier in Ruderting kam sehr gut an. Den Pokal holte das Team vom SC Regensburg. Dadurch lernten Josef Sterner und Johanna Maier, die eigentlich als Immobilienkauffrau arbeitet, SC-Trainerin Birgit Fellner (32) kennen und schätzen. Kurzerhand nahmen sie die Regensburger Sportwissenschaftlerin in ihr Soccergirl-Team auf. Zwei Jahre gingen ins Land, in denen das Trio die Bedürfnisse der Fußball-Mädels erkundete, T-Shirts, Tops und Pullis verschiedener Hersteller im Praxistest prüfte und sich für die hochwertigsten Exemplare entschied. Sterner konzipierte mit einer Werbeagentur eine Website und einen Online-Shop – und organisierte zuletzt ein Fotoshooting für das neues Fashion-Label. Allerdings nicht mit „gewöhnlichen“ Models, sondern mit den Fußballerinnen des FC Ruderting und des SC Regensburg.
„Das hat so richtig Spaß gemacht. Aber einen gewissen Ehrgeiz und Durchhaltevermögen braucht man schon, um alles durchzuziehen. Vieles bei der Labelgründung war Neuland für mich, zum Beispiel, als wir auf eine konkurrierende Marke mit dem Namen „Soccergirls“ aufmerksam wurden. Wir ließen uns juristisch beraten und haben uns schließlich außergerichtlich geeinigt“, erzählt Josef Sterner aus dem Nähkästchen. Für Soccergirl habe er viel Zeit investiert, zusätzlich zu seiner Arbeit im Sportgeschäft. Aus dessen Gewinn kann Sterner das neue Label finanzieren, einen Kredit brauchte er nicht.
Unabhängig zu sein, dazu sportlich, sexy, unkompliziert – so lautet auch der Anspruch, dem Josef Sterner, Johanna Maier und Birgit Fellner gerecht werden wollen, um das Lebensgefühl von Fußballerinnen zum Ausdruck zu bringen. „Gedacht ist unsere Freizeit-Mode für alle fußballbegeisterten Mädchen und Frauen, und natürlich auch für die Fans auf der Tribüne“, sagt Johanna Maier.
Alle miteinander waren gefragt, als Josef Sterner und sein Team am 15. Juli – einen Tag vor dem Start der Frauen-Fußball-EM in den Niederlanden – in Ruderting wieder ein hochkarätiges bayerisches Soccergirl-Turnier veranstalteten. Gewonnen hat der FC Ingolstadt, der in einem den SV Frauenbiburg nach einem hochspannenden Elfmeterkrimi bezwingen konnte.
Dieses Turnier sei ein Gemeinschaftswerk, genau wie die Marke Soccergirl, schwärmt Johanna Maier, Gesicht des Frauenfußballs im Landkreis Passau, „Josef hat ein Sportgeschäft, die Mittel und den Willen, etwas für den Frauenfußball zu tun. Birgit und ich sind die Frauen an der Front und wissen, was Soccergirls sich wünschen.“
Text: Simone Kuhnt, PNP-Start-up-Serie, Startrampe Niederbayern
Lieben und leben den Fußball: Johanna Maier, Josef „Angel“ Sterner und Birgit Fellner. Foto: Wutz